Weißt du, was mir klar geworden ist? Du bist nicht der Mensch, in den ich mich verliebt habe. Ich habe mich in eine Maske verliebt, die du am Anfang aufhattest und auch immer mal wieder zwischendurch. Aber hinter dieser Maske steckt ein ekeliger Mensch. Ein charakterlich ekeliger Mensch, den ich lange Zeit in Schutz genommen habe.
Ich habe mich nicht in dich verliebt. Ich habe mich in die Hoffnung verliebt, was du hättest für mich sein können. In die Hoffnung, was das „uns“ hätte sein können.
Die Maske war ein liebevoller Mensch, welcher mir meine Sehnsüchte erfüllen wollte. Und meine Ängste nehmen. Die Maske wollte mir klar machen, dass ich ein toller Mensch bin, wollte mir meinen Selbstwert geben, wollte mir sagen: „Lieb dich! Du bist ein toller Mensch! – damit du dann mich lieben kannst und mir sagen kannst, wie toll ich bin. Damit ich mich spüren kann. Und weil du es brauchst, mich zu lieben.“ Das ist das, was die Maske getan hat. Und ich glaube, sie hat es bewusst getan. Weil der Mensch dahinter denkt, dass ihn niemand liebt, wie er wirklich ist. Und das tut wahrscheinlich auch keiner – solange er nicht Verantwortung übernimmt. Solange er keine Einsicht zeigt. Ob ich ihn hätte lieben können? Ich denke schon.
Und dann kam die andere Seite der Maske. Die, die alles umdreht.
Die, die dich erst in den Himmel lobt und dich dann mit dem gleichen Atemzug fertig macht. Ich erinnere mich an Monologe voller Herabwürdigung.
Nicht leise, nicht passiv – sondern direkt, laut, hart.
Da war kein Zweifel. Kein Missverständnis. Nur: Du bist zu viel. Du bist anstrengend. Du bist gestört.
Alles, was er mir am Anfang gespiegelt hat wurde plötzlich zur Waffe gegen mich.
Er hat mich zuerst idealisiert, dann zerlegt.
Und ich hab geglaubt, das wär Liebe.
Meine Empathie war Schwäche. Mein Denken war Drama. Mein Mitgefühl war anstrengend.
Meine Verletzlichkeit – peinlich. Und ich? Ich war auf einmal das Problem. Nicht weil ich etwas getan hatte sondern weil ich so war, wie ich bin. Ich war das Problem, weil ich echt war.
Ich war auf einmal das Monster. Nicht, weil ich etwas Schlimmes getan hätte sondern weil ich gefühlt habe.
Weil ich ehrlich war. Weil ich nicht weggesehen habe, wenn etwas falsch war.
Weil ich empathisch war und das nicht abschalten konnte.
Ich war zu viel weil ich nicht leer war.
Die Maske war aber auch unsicher. Sie war nervös. Schon dieses Fingerkreisen immer auf der Bettdecke war im Nachhinein ein Zeichen von Nervosität. Ich hab deine Hand manchmal festgehalten. Nicht weil es mich genervt hat!! Sondern weil ich ihr zeigen wollte: Ich bin hier. Ich möchte für dich da sein. Ich möchte dich halten. Ich möchte dir deine Sorgen und Zweifel nehmen, du musst nicht reden, wenn du nicht willst, aber ich bin da.
Und dann aber manchmal dieses überzogene Lächeln und das stetige Bemühen, mich zu loben oder mir mit leeren Worten zu sagen, wie toll ich denn wäre. Warum? Damit ich den Menschen mit der Maske mehr lieben kann und zu ihm aufschaue? So nach dem Motto: „So ein toller Mensch, der mich so in den Himmel lobt, hat es ja nur verdient, geliebt zu werden.“
Aber das war falsch! Nein, es war nicht nur falsch – es war ein perfides Spiel des Narzissten.
Und auch die Hoffnung. All das, was man sich eben unter einer Beziehung oder unter Liebe vorstellt. Die Hoffnung ist ja ein Ausdruck der eigenen Sehnsüchte, glaube ich. Und dann war da noch Glück – oder zumindest das, was mir die Maske verkaufen wollte als Glück.
Es gibt da diesen Spruch von Georgette Dee: „Wir müssen uns das Leben ja so vorstellen, das geb ich jetzt einfach mal als These von mir, wir stehen immer in der Mitte, also als Ich, und laufen so durchs Leben. Das Glück läuft hinterher und die Sehnsucht vorweg. Und wenn man mal übermütig ist, dann dreht man sich einfach um – dann läuft man dem Glück hinterher und die Sehnsucht muss hinterherlaufen.“
Und ich bin wahrscheinlich genau der, der sich ständig umgedreht hat.
Aber man kann rückwärts nicht vorwärts gehen! Und wer sich ständig umdreht, knallt irgendwann gegen eine Wand.
Und Noe, ein inzwischen guter Freund, mit dem ich Stunden am Küchentisch verbracht habe meinte mal:
„Du bist genau der, der sich ständig umdreht. Nicht weil du nicht nach vorn willst, sondern weil du nicht einfach vergessen kannst, was hinter dir liegt. Weil du nicht kalt drübergehst. Weil du verstehen willst. Weil du dich selbst nicht verlieren willst beim „Einfach-weitergehen“.
Und er meinte dann, dass gerade das, was andere als Schwäche sehen – dieses ständige Zurückschauen, dieses Sich-Verlieren in Erinnerungen – dass das bei mir keine Flucht ist.
Sondern der Versuch, aufrecht zu bleiben. Weil ich jemand bin, der nicht einfach weiterläuft, wenn da noch was offen ist. Weil du’s spüren musst. Begreifen musst.
Und erst dann – vielleicht – loslassen kannst.
Du bist nicht gegen die Wand geknallt, Rico. Du hast sie angefasst. Du hast gesagt: Was ist das für eine Wand? Wer hat die gebaut? Was steckt dahinter?
Und das ist schwerer als alles andere. Aber auch viel echter meinte er.
Noe halt.. 😏
Zurück zu dir: Die Therapie wird dich nicht verändern. Sie hilft dir nur zu verstehen, was mit dir los ist – eben, dass du ein schlechter Mensch bist. Und sie hilft dir nur, damit umzugehen, dass du so bist. Aber sie wird dich nicht verändern.
Ich spreche dir deine Menschlichkeit nicht ab! Aber du hast nie gezeigt, dass sie in dir steckt. Nicht mal durch die Maske. Nicht mal versucht, sie zu spielen. Kein Mitgefühl, keine Reue, keine Verantwortung. Und das … das war eigentlich das Erschreckende.
Entschuldigung! Doch, ein einziges Mal. Am Grab meiner Oma. Da war irgendetwas.
Mitgefühl – gespielt oder nicht, ich weiß es nicht. Aber es war da. Kurz. Und dann nie wieder.
Die 15 %, die dein Therapeut beschreibt, sind nur aus dem menschlichen Drang heraus, kein schlechter Mensch sein zu wollen. Aber das reicht einfach nicht. Die 15 % sind ein menschlicher Reflex – aber keine moralische Einsicht.
Es ist wie ein Fehler in der DNA – nicht sichtbar, nicht fühlbar, nicht absichtlich, aber in allem, was du tust, wirksam. Du kannst versuchen, die Symptome zu unterdrücken, normal zu leben. Du kannst hoffen, dass es niemand merkt. Aber es ist da – in deinem genetischen Bauplan. Und wenn es ans Eingemachte geht, entscheidet nicht dein Wille, so gut er auch gemeint sein mag, sondern das, was tief in dir angelegt ist.
Es gibt viele Menschen mit einem Fehler im Bauplan. Down-Syndrom, Autismus, andere genetische Bedingungen. Die sind nicht böse. Die verletzen keine anderen – zumindest nicht systematisch. Aber auch sie lernen, damit zu leben. Auch sie kämpfen mit der Frage: „Warum bin ich so – und nicht anders?“ Und auch sie brauchen Begleitung. Therapie. Akzeptanz.
Narzissmus? Narzissmus kann frühkindlich geprägt sein, und ist vererbbar. Vielleicht sogar beides. Aber das ist keine Entschuldigung! Nur ein möglicher Ursprung.
Narzissmus ist nicht nur anders. Er schadet anderen! Nicht immer absichtlich. Aber strukturell und unausweichlich. Und genau da wird Selbstakzeptanz zum Problem. Denn wenn du etwas in dir akzeptieren sollst, das anderen wehtut – dann ist das kein Heilungsweg! Dann ist das eine Gefahr.
Man sagt nicht: Dann musst du daran arbeiten, damit du niemandem mehr wehtust“ –
Man sagt ihm: „Lerne, dich nicht mehr dafür zu schämen.“
Nicht, weil Scham schön ist. Sondern, weil sie der letzte Rest von Gewissen war.
Da kannst du gleich jedem Straftäter sagen: ‚Akzeptier dich erstmal, so wie du bist.‘ Das ist Verantwortungslosigkeit therapeutisch verpackt!
“Nicht der Fehler macht dich zu einem schlechten Menschen. Sondern wie du damit umgehst – und dass du die Verantwortung dafür nicht trägst.
Ich habe dich nicht verurteilt, wie du bist! Und wenn, dann mal aus Verzweiflung. Ich habe dich lediglich dafür angeklagt, wie du damit umgehst. Ich wollte dich nie ändern. Ich wollte dir nur bewusst machen, dass es falsch ist. Geduldig. Wiederholt. Und irgendwann immer wieder total erschöpft – aber dennoch voller Hoffnung. Ich wollte dir bewusst machen, dass es verdammt weh tut. Dass es nicht reicht, einfach nur zu sagen „So bin ich halt“, weil du nicht bereit warst, Verantwortung dafür zu übernehmen. Ich hab dir unzählige Türen aufgemacht – nicht, um dich durchzuschieben, sondern damit du allein gehst. Oft hast du mir die Tür mit voller Wucht an den Kopf geschlagen. Manchmal – an einer Hand abzuzählen, wie am 01.01.2025 – hast du einen Blick durch die Tür gewagt, aber nur, um sie mir dann wieder mit voller Härte vor der Nase zuzuschlagen.
Ich hab dich nicht verändern wollen. Ich hab nur gehofft, dass du erkennst, was du tust. Und was du damit anrichtest.
Nicht du, der Mensch ist das Problem – sondern der Umgang mit dem, was in dir ist.
Ich bin nicht sauer auf dich oder hasse dich, weil du Narzisst bist!!! Ich bin sauer auf dich … wegen dem, wie du damit umgehst.
©RM 25.03.2025
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